Zur Abschlussveranstaltung des Projekts „Schools4Future“ hatte die Erich-Fried-Gesamtschule am Montag mehrere Gastredner eingeladen.
Was bringt es fürs Klima, sich auf der Straße festzukleben?
Einer davon war mit kontroversen Fragen zu Gast: Cedric Engels fragte: Was „darf“ ein Protest eigentlich? Wie sehr „darf“ er stören und was bringt es überhaupt, sich auf der Straße festzukleben? Schadet das nicht der Klimabewegung? Auf dem Youtube-Kanal „Doktor Whatson“, behandelt er mit seinem Team verschiedene wissenschaftliche Themen von E-Autos über schwarze Löcher bis zur KI.
Historische Beispiele zeigen, dass unbeliebte Proteste Erfolg haben
Die große Mehrheit der Deutschen (rund 80 Prozent) lehnen die Klimaprotestaktionen der „Letzten Generation“, bei denen sich Mitglieder auf Straßen festkleben, ab, erklärte Engels zunächst. Historisch habe sich aber gezeigt, dass Proteste nicht beliebt sein müssen, um erfolgreich zu sein. Ganz im Gegenteil, an mehreren Beispielen demonstrierte er, dass Aktivisten, die sich „außerhalb des Systems“ bewegen, ihre Ziele erreichen.
So haben Frauenrechtlerinnen in Großbritannien und den USA Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst friedlich für das Frauenwahlrecht demonstriert oder Hungerstreiks durchgeführt. Nachdem 1910 aber ein Gesetzesentwurf, der die Rechte der Frauen ausweiten sollte, scheiterte, wurden die sogenannten Suffragetten radikaler: Sie zerstörten Schaufenster von Kaufhäusern und verübten Bombenanschläge auf öffentliche Gebäude.
Auch die Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King hatte friedlich begonnen. Als sich aber abzeichnete, dass die Situation der schwarzen Amerikaner sich nicht verbesserte, bildeten sich radikale Flügel, die gewalttätige Aufstände durchführten – zum Beispiel die Malcom X-Bewegung oder die Black Panther Party.
Die „Letzte Generation“ erreicht ihr Ziel, findet „Doktor Whatson“
Die radikaleren Flügel hätten, so Cedric Engels, zur Folge gehabt, dass die Forderungen der „ursprünglichen“ Aktivisten weniger extrem wirken. Eine Parallele sieht er zwischen der Fridays for Future-Bewegung, die im Vergleich zur „Letzten Generation“ mittlerweile als „gemäßigter“ wahrgenommen werde – auch wenn das zu Beginn der Freitagsproteste anders gewesen sei.
Die Letzte Generation erreiche daher ihre Ziele, argumentierte er. Denn der Klimaschutz bleibt durch die radikaleren Methoden weiter im Gespräch. Dass die Aktionen der Letzten Generation die Falschen treffen, sei nur teilweise richtig. So haben die Aktivisten beispielsweise 2022 bundesweit über 30 Sabotageversuche an Ölleitungen durchgeführt, die großen Ölkonzernen schadeten aber auf den Alltag der meisten Menschen weniger Auswirkungen hätten, führte Engels aus.
Schließlich nannte er zwei Ziele der Letzten Generation: Ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket für den ÖPNV. „Ein Tempolimit hat jedes Land außer Deutschland und das 9-Euro-Ticket hatten wir schon“, meinte er und nannte die Forderungen realistisch.
Darum geht es beim Schülerprojekt Schools4Future
In Kleingruppen haben die Schüler zu verschiedenen Themenbereichen geforscht. Unterstützung hatten sie vom Wuppertal Institut und dem Büro Ö-Quadrat.
Sie kamen zum Ergebnis, dass der größte Anteil der CO2-Belastung der EFG von Ölheizung und Stromverbrauch ausgeht. Zwar hatten die Schüler schon im kleinen Rahmen Maßnahmen durchgeführt, um Energie zu sparen – zum Beispiel reparierten sie undichte Fenster. Eine Gebäude- oder Heizungssanierung würde aber viel mehr CO2 einsparen, argumentierten die Schüler.
Diese großen Veränderungen sind aber nur mit Hilfe der Politik möglich, appellierten sie auch an Oberbürgermeister Uwe Schneidewind, der zu Gast war. Der erläuterte, dass die Bürokratie dabei oftmals einen Strich durch die Rechnung mache. Die vielen Vorschriften schützen zum Beispiel viele einzelne Interessen, seien aber auch hinderlich, wenn es schnell voran gehen soll.
Die Wissenschaft steht auf der Seite der Schüler Prof Dr. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, brachte die wissenschaftlichen Hintergründe des Klimawandels mit. Er zeigte, dass der weltweite Temperaturanstieg in den letzten Jahrtausenden konstant war. Seit 1850 steigen die Temperaturen aber in unnatürlichem Maße: Die Folgen des menschengemachten Klimawandels, insbesondere durch die Industrialisierung.
Klimakatastrophen wie Waldbrände, Dürren, Hitzewellen, aber auch Fluten wie im Ahrtal sind die Konsequenz daraus, so Prof. Fischedick: „Klimawandel-Folgen sind auch in NRW spürbar“, betonte er und fügte hinzu: „Deutschland hat zwar viel gemacht, es reicht aber noch lange nicht.“
Schließlich schloss er sich einer Forderung der Schüler an, nicht länger zu warten, sondern sofort Maßnahmen zu ergreifen: „Die wissenschaftlichen Studien gibt es. Jetzt geht es ums Umsetzen.“
Mehr Infos zum Klimaschutzprojekt an Schulen unter www.schoolsforfuture.net.
EFG für Klimaprojekt ausgezeichnet
Die Erich-Fried-Gesamtschule in Ronsdorf ist „Energiesparmeister“ in NRW. Beim deutschlandweiten Wettbewerb entwickeln Schüler und Lehrer Klimaschutzprojekte, die besten in jedem Bundesland werden ausgezeichnet. Bundesweit nehmen 418 Schulen am Energiesparmeister-Wettbewerb teil.
„Das tolle Engagement für den Klimaschutz wird mit einem Preisgeld von 2.500 Euro und einer Patenschaft mit atmosfair gGmbH ausgezeichnet“, berichtet Ingo Schäfer (SPD), Bundestagsabgeordneter für den Ronsdorfer Wahlkreis.
In einer Internet-Abstimmung kämpfen die Schüler jetzt um den Bundessieg. Welche Schule den Titel „Energiesparmeister Gold“ und ein zusätzliches Preisgeld in Höhe von 2.500 Euro gewinnt, wird durch eine Abstimmung auf www.energiesparmeister.de/voting bis zum 15. Juni 2023 entschieden. Die Bundessieger-Schule wird bei der Preisverleihung am 23. Juni 2023 in Berlin bekannt gegeben.
Ingo Schäfer ruft auf: „Ich hoffe, dass alle Menschen in Ronsdorf und im Bergischen Land an der Abstimmung teilnehmen, und der Erich-Fried-Gesamtschule helfen, Bundessieger zu werden.“
Unterstützt wird der Energiesparmeister-Wettbewerb durch die Kampagne „Online-Klimaschutzberatung für Deutschland“ der Bundesregierung. Das Konzept, mit dem die EFG am Wettbewerb teilnimmt, ist Teil des Projekts „Schools4Future“.
von Moritz Körschgen