Zu einer Gedenkveranstaltung hatte der Ronsdorfer Heimat- und Bürgerverein (HuB) auch in diesem Jahr am Volkstrauertag, eingeladen. Im Mittelpunkt stand bundesweit die Erinnerung an die Folgen und Opfer von Gewalt und Krieg.
Im Ronsdorfer Stadtgarten erinnern mehrere Denkmäler daran, unter anderem das Mahnmal für erschossene Desserteure des 2. Weltkrieges.
Mit Musik und Reden begann die Veranstaltung in der Halle der Freiwilligen Feuerwehr an der Remscheider Straße. Pfarrer Jochen Denker fragte, worüber am Volkstrauertag getrauert wird und ob der Tag seinen Namen tatsächlich verdient. Die Kranzniederlegung fand am Kriegerdenkmal statt, das an 450 im 1. Weltkrieg gefallene Ronsdorfer erinnert.
Bezirksbürgermeister Harald Scheuermann-Giskes berief sich in seiner Rede zum Volkstrauertag auf wichtige Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.
Er erinnerte an die Worte des Sozialdemokraten Paul Löbe. Während der Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag 1922 im Reichstag sagte er: „Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, aber auch die Toten zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet Abkehr von Hass und Hinkehr zur Liebe, und unsere Welt hat Liebe not.“ Worte, die laut Scheuermann-Giskes heute aktueller seien denn je.
Die politische Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt schrieb, dass das Böse die Welt zwar verwüsten kann und wie ein Pilz an der Oberfläche wuchert. „Tief aber, und radikal ist immer nur das Gute“, erinnerte der Bezirksbürgermeister an ihre Worte und fasste zusammen: „Frieden ist ein zerbrechliches Gut, das es immer gilt, zu schützen.“
Bürgermeister Rainer Spiecker sah das ähnlich: „Der Volkstrauertag erinnert uns daran, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist.“
Pfarrer Jochen Denker blickte auf die öffentliche Debatte über den Nah-Ost-Konflikt. „Jedes Wort liegt auf der Goldwaage. Man spürt gerade, wie jedes Ohr darauf achtet, genau das zu hören, was es hören will.“ Daran wolle er sich nicht beteiligen.
Was machen wir wirklich am Volkstrauertag?
Stattdessen fragte er, ob der Volkstrauertag tatsächlich ein Trauertag ist: „Trauern wir wirklich über die Unfähigkeit der Menschen, in Frieden miteinander zu leben? […] Trauern wir über die menschliche Neigung, sich manipulieren zu lassen? Und über die Bosheit, mit der manipuliert wird? Trauern wir über die Trägheit, mit der wir Entwicklungen laufen lassen, bis sie nicht mehr zu ändern sind? Über die Anfälligkeit gegenüber Antisemitismus und Menschenhass?“
Trauer sei dafür da, Verlust wahrzunehmen und zur Erkenntnis zu kommen, dass Dinge geändert werden müssen: „Echte Trauer zwingt dazu, neue Wege zu gehen, weil die alten in den Tod geführt haben“, so Denker, der ausführte: „Lernen wir Menschen es, wieder zu trauern und trauen wir uns das, weil es verletzlich macht und anstrengend ist? Das würde ein Innehalten bedeuten und ein Aussteigen; sich den gewohnten Mechanismen einfach verweigern.“
Von Moritz Körschgen