Talfahrt: “Besser als das Jahr selber”

Drei Männer im Anzug.
Jens Neutag, Jürgen H. Scheugenpflug und Ulrich Rasch nahmen kein Blatt vor den Mund.

Im ausverkauften Gemeindesaal der Evangelisch-reformierten Gemeinde in Ronsdorf blickten Ulrich Rasch, Jens Neutag und Jürgen H. Scheugenpflug am vergangenen Freitag auf das Jahr 2024 zurück. Der satirische Jahresrückblick der „Talfahrt“ ist „im Dorp“ längst Kult. „Der Rückblick ist besser als das Jahr selber“, betonten die drei Talfahrer zum Start.

Ein Satire-Feuerwerk, das auf ganz Wuppertal zielt

Schon beim Singen der obligatorischen Hymne des Bergischen Landes, dem Bergischen Heimatlied, wurde schnell klar, dass die Ronsdorfer sich beteiligen wollten. „Heiß wie Frittenfett“ wollten sie Spaß und genau den bekamen sie.

Schon zu Beginn die lokal spannende Meldung, dass die L419 nun doch nicht gebaut werden soll, weil die Zuständigkeiten falsch eingeschätzt wurden, sorgte für Empörung. Ab da ging es mit rasender Geschwindigkeit durch das vergangene Jahr.

Die kleinen alltäglichen Meldungen, mit satirischen „Lösungsvorschlägen“ gespickt, heizten das Publikum noch mehr an. Die Themen wechselten von „Rede mit Ede“ zu „70 Jahre Parkuhr“ über Sarah Wagenknechts russische Matrioschkas als Ablöse von den Linken bis hin zum „Trio Infernale“, Michael Wessel, Hans-Jörg Herhausen und Johannes Slawig. „Tick, Trick und Track vom
Toelleturm“ haben 2024 so viel Furore gemacht, dass die Zuschauer sich kaum noch halten konnten vor Lachen.

Natürlich bekam auch OB Schneidewind so einiges ab. „Uwe, Uwe mach’ doch weiter, jag’ den Slawig auf die Leiter“, erklang es zur Melodie von Paulchen Panther. Die Buga war selbstverständlich auch Thema. Auf der Basis von Wilhelm Buschs Max und Moritz gab es eine gereimte Abrechnung der Protagonisten. „Rickeracke! Rickeracke!“ verschwinden die Bösewichter in der Mühle, ein Höhepunkt des Abends.

Immer wieder gewürzt mit einer Prise Musik wird dem Kaufhof musikalisch nachgetrauert, Bau-Dezernent Frank Meyer verabschiedet, Sozialdezernent Stefan Kühn für seine gute Arbeit mit einem Extralied belohnt oder der Leiterin des Sportamtes eine gewisse Nähe zum UEFA-Chef Ceferin unterstellt. Bauernproteste, Demos gegen rechts, E-Scooter und der neue Schwuppi-Legobausatz.

Auch die Frage, wie man AfD-Kandidat wird, wurde beantwortet. Vielleicht muss man als Letzter betrunken von der Bank fallen, sinnierten die „Talfahrer“. „Der Verlust von Scham ist das erste Zeichen von Schwachsinn“, zitierte Jens Neutag dazu Sigmund Freud. Apropos Bank, da gibt es doch noch die goldenen Bänke in Elberfeld, die jetzt schon grau sind.

Liebeserklärungen an die Stadt fehlten nicht: „In dieser Stadt kenn‘ ich mich aus, in dieser Stadt bin ich zuhaus‘, in unserem Tal stehn wir immer auf dem Schlauch“ sang Jürgen Scheugenpflug begleitet vom Jazz-Pianisten Ulrich Rasch.

Ein Hoffnungsschimmer erklang zum Schluss, ein Lied auf die Bundesallee, „die schönste Straße der Welt“. Es war ein denkwürdiger Abend in Ronsdorf. Das Publikum feierte den Abend, als gäbe es kein Morgen mehr.

„Endlich mal wieder richtig was zu lachen, das tut so gut“ meinte ein Besucher beim Verlassen des Saals. Mehr Zustimmung und Heimatpflege geht kaum.

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