„Wenn ich ein Buch lese, muss ich die Leute mögen – auch wenn es manchmal schwierig ist.“ So leitete Julie von Kessel ihre Lesung in der Ronsdorfer Stadtteilbibliothek ein. Sie stellte ihren neuen Roman „Die anderen sind das weite Meer“ vor, bei dem sie diese Philosophie ebenfalls verfolgt, wie sie erzählte.
In dem Roman geht es um die vermeintliche Vorzeigefamilie Cramer. Der erfolgreiche Diplomatenvater Hans ist im Ruhestand, an Demenz erkrankt und spürt, wie er die Kontrolle verliert. Seine Frau Maria ist schon früh verstorben, während die drei Kinder Luka, Tom und Elena in ihren vierziger Jahren mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind.
Fernsehreporterin Luka berichtet aus weltweiten Krisengebieten, ist kaum zu Hause und kämpft in ihrem Beruf um Anerkennung. Tom leitet eine psychiatrische Klinik, ist aber von seinem Beruf völlig desillusioniert und besucht an Wochenenden schamanistische Rituale. Elena hat ein Kind und steigert sich in ihre Jugendliebe hinein, weil sie die Augen vor einer unangenehmen Wahrheit verschließt.
Eines Tages verschwindet Hans plötzlich und spurlos, die Familie muss an einem Strang ziehen. Dabei zeigt sich, dass das Familienfundament fragil ist. Die Kinder müssen lernen, es wieder aufzubauen, zusammenzuhalten und sich gegenseitig zu verstehen.
Damit die Leser sich in die Kinder besser hineinversetzen können, sind die Kapitel aus deren Perspektiven geschrieben. So möchte die Autorin dem Leser zeigen, wie die Kinder zu ihren Entscheidungen kommen – auch wenn diese für Außenstehende oft nicht nachvollziehbar wirken.
Nach der Lesung beantworte Julie von Kessel Fragen der rund 40 Besucher in der Stadtteilbibliothek, unter anderem zum Schreibprozess, ihren eigenen Erfahrungen als Journalistin, der besonderen Beziehung von Geschwistern untereinander und vielem mehr.
Erhältlich ist der dritte Roman der Autorin auch in der Ronsdorfer Bücherstube, die das Event veranstaltet hatte.
Von Moritz Körschgen